07 Juni 2011

Hochzeitreise - ganz allein

Komische Hochzeitreise: Ganz allein geht meine Reise nach der Hochzeit los. Ein Termin für den "Weißen Wal" in Bad Rappenau steht an. Meine rollende Tonne erhält eine Markise, unter der ich meinen überempfindlichen Kopf schützen kann.

30. Mai bis 06-06: 1290 Kilometer, 215,65 litre, 16,71 litre/100 Kilometer: Der ungeheur hohe Verbrauch ist mir unerklärlich.





Wie dieser einsame, meist schweigsame Esel verbringe ich meine Tage und Nächte damit, nach Futter und Frauen Ausschau zu halten. Doch diese wunderbaren Geschöpfe beunruhigen mich kaum mehr. Mit den Jahren werden andere Abenteuer wichtiger.



Deutschland ist so unglaublich schön, wenn Friede herrscht, die Sonne im Frühling scheint und man nicht arbeiten muss. Manche Gebäude in alten Dörfchen sind mehr als 1000 Jahre alt. Die blutige Geschichte von Kämpfen, Kriegen, Mord und Totschlag ist zwar überall noch zu fühlen. Aber es gibt keinen Grund im Moment, mich darüber noch groß zu aufzuregen. Ohnehin ändert doch kein Mensch irgendwas an den Fakten.



Bad Wimpfen - nur ein Beispiel auf meinem Weg - ist eine dieser über 1000 Jahr alten kleinen Stadt. In der malerischen Landschaften am Ufer des Neckars erscheint der Ort wie ein Juwel. Mit meinem Fahrrad komme ich als erstes in Bad Wimpfen bei einem Kriegerdenkmal vorbei. Schon wieder gibt es diese ersten Impressionen über die Kriege 1870/71, 1914/18 and 1939/45.



Doch wer kümmert sich schon über längst vergangene Kriege, der in Glück und Sonnenschein reist? Der Wanderer freut sich doch an Brot und Bier!



Beinahe vor 1000 Jahren lebte der Deutsche Kaiser Barbarossa in Bad Wimpfen. In den alten Zeiten haben die Menschen den Turm gebaut, der das Wahrzeichen von Bad Wimpfen wurde. Von dort aus hast Du einen herrlichen Blick über das blühende Land und den Neckar.



Und noch eindrucksvoller als die Landschaft sind die bunten, kleinen Häuser zu empfinden. Auf dem Turm verkauft mir der Türmer ein Buch: "Das Kräuterweible von Bad Wimpfen". Ein Priester hat das Buch im 18. Jahrhundert geschrieben und damit damals einen Bestseller. Und wieder handelt das Buch von einem Krieg, dem 30jährigen Krieg von 1618 bis 1648. Bad Wimpfen wurde in jenen Kriegswirren zerstört. Doch 2011 erstrahlt Bad Wimpfen schöner als eh und je.





Die Sonne durchstrahlt die Kirchenfenster in Bad Wimpfen. Klassiche Musik, Kunst, Kultur, Literatur dieser alten Zeit ist weit verbreitet - auch wenn neue Medien gnadenlos um das rare Gut Aufmerksamkeit konkurrieren. Dennoch werden kulturelle Schätze gehegt und gepflegt. Denn auch in dieser alten Tradition von Kunst und Handwerk arbeiten die Menschen bis heute an Produkten in bemerkenswerter Qualität.



Als ich von meinem Ausflug zum WoMo-Stellplatz zurück radele, ist der Platz voll gepackt mit rollenden Häusern. Denn Donnerstag ist Feiertag, also genießen die Menschen mit dem Brückentag ein langes Wochenende. Doch es gibt noch genug Menschen, die auch am Freitag arbeiten.

Denn wieder gibt es Schwierigkeiten mit meinem Auto. Denn diese Mobil ist nicht für den täglichen Gebrauch sondern nur als Vorführmodell gebaut. Das VW-Werk hat das Auto vermutlich einfach als Einzelkabine mit Fahrgestell weitergegeben und dabei gehofft, dass der Hersteller Seitz viele, viele VW Crafter zum Wohnmobil umbaut. Die Rechnung ist nicht aufgegangen, weil der teure Aufbau auf dem noch teueren Mercedes-Sprinter entstand.

Fakt: Mein Wohnmobil war nicht für den Verkauf gebaut. Aber jeden Morgen steht immer irgendwo ein Blödmann auf, der den Mist kauft. Teuere Erfahrung lehrt mich, dass die Probleme mit meinem Auto nicht enden.





Interessante Gegend in Neckarsulm mit dieser großartigen Werkstatt für VW-Nutzfahrzeuge: Gerade um die Ecke erzeugt ein Kernkraftwerk Strom. Das atomare Feuer kühlen die Ingenieure mit Wasser aus dem Neckar.



Wieder nur eine halbe Stunde weiter gefahren, steht mein WoMo unter dieser riesigen Maschine.



Dies berühmte Technik-Museum stellt Autos, Panzer und Flugzeuge, Motorräder, mechanische Musikautomaten und vieles mehr aus. Zwei Überschall-Passagier-Flugzeuge bereichern die Ausstellung: Die russische Tupolov und die französische Concorde.

Es ist schon ein eigenartiges Gefühl: Die meisten Fahrzeuge meiner Jugendzeit, der Zündapp-Bella-Motorroller, auf dem ich meinen Führerschein gemacht habe, der Heinkel-Tourist, auf dem ich mit meiner ersten Ehefrau 1972 nach Marokko gefahren bin, all das und mehr steht mittlerweile im Museum. Wie alt ich geworden bin!



Tja, da steht so ein alter Heinkel, wie mein Modell aus dem Jahr 1959. Es hat mir jemand geschenkt, zwei Batterien in dem Fahrzeug musste ich kaufen. Dann fuhr die Maschine einmal Marokko hin und zurück mit Frau und viel Gepäck. Am Ende der Reise habe ich das Fahrzeug einem Freund geschenkt. Und die erste Ehefrau wanderte auch bald weiter nach dieser Fahrt.

Meine dritte Frau arbeitet daheim, während mich mein Weißer Wal durch die Welt schaukelt. Gerade ruft sie mal wieder an und fragt: "Bist Du auch mein Lieber Mann?" "Yes, sure I am", antworte ich vom Neckar, wo ich in sommerliche Hitze schreibe und schwitze.



Diese NSU Quickly ist eine andere Erinnerung an meine Schulzeit. Wir spielten "wilde Burschen auf Mopeds" mit Gier nach Girls, in die wir kaum rein kamen. So haben wir meistens wie die Berserker masturbiert. Doch in dem Museum-Moped ist eine Weide eingewachsen. Kaum glaublich: beinahe fünf Jahrzehnte sind seitdem vergangen. So lang sind die Zeiten vorbei, als mich die Mädchen verrückt gemacht hatten.



Wundersame Objekte sind im Technischen Museum Sinsheim zu bewundern. Doch mein Bericht von diesem Ort endet mit einem Ausblick auf das Überschall-Flugzeug Concorde. Wie die "Titanic" endete auch dies technische Wunderwerk im Untergang. Das erinnert wiederum an Atomkraftwerke. Saudi Arabien will gleich mehrere davon bauen. Je schlimmer Diktatoren wüten, umso mörderische Technik lassen sie bauen.

Ein großer Teil des Museum in Sinsheim zeigt Kriegsmaschinen wie Panzer und Allrad getriebene Geländefahrzeuge. Adolf Hitler ließ sich in diesem speziellen Mercedes mit zwei angetriebenen Hinterachsen durch Wiesen und Wäldcher chauffieren.




Es reicht! Nebenbei nur unnöti erwähnt: Dieser Irre endete mit Millionen andern im Land in einem Untergang wie dem der Titanic, dem der Concorde oder dem von Tschernobyl. Deshalb reicht mir Sinsheim.

Von diesem überlaufenen Platz erhole ich mich auf meiner Reise wiederum am Neckar. Wald-Camping am Ufer des Neckars gibt mir meine Ruhe zurück. Aus dem Fenster über meinem Bett sehe ich den Fluß, auf dem Schiffe ruhig vorbei schieben. Es entspannt dieser Platz.

Es ist ein großes Glüc, diese Geschichten mit anderen zu teilen. Herzlichen Dank.



Den letzten Tag meiner einsamen Hochzeitsreise verbringe ich in Bad Urach. Immer wieder haben mir diese wunderbaren Thermalbäder geholfen, mich auf Reisen und während meiner Arbeit zu erholen. Über dem WoMo-Stellplatz thront ein Hügel mit einer uralten Burg, die vor mehr als 1000 Jahren gebaut wurde.




Nicht weit von der Burg bezaubert die Menschen ein wundervoller Wasserfall. Aber niemand badet darin.




Die Sonne brennt auf das Auto. Unter der neuen Markise ist es drei, vier Grad kühler als im Auto, aber immer noch zu heiß. Der Schlaf übermannt mich im Schatten der Markise. Laut trommelnder Regen reißt mich aus meinem Schlummer.

Schnell schließe ich die drei Dachluken, die drei Ausstellfenster, die Seiten- und Hecktür. Doch der prasselnde Regen soll mich nicht daran hindern, meine Geschichte unter dem neuen Schutz zu Ende zu schreiben.



Das Wasser fließt in Strömen von der Markise. Endlich fällt die Temperatur im Auto unter 30 Grad. Aber es ist mir fast noch zu heiß, um frei zu atmen. Mit meinem Bild als "Höhlen-Geist" grüße ich alle . :-)




Mit einem letzten Ausblick der uralten Burg "Hohen-Urach" endet meine Geschichte auf dem Parkplatz für Wohnmobile.

1 Kommentar:

Viktor hat gesagt…

In Heilbronn (das ist noch nicht in Neckarsulm) steht nur ein Kohlekraftwerk, das ist kein AKW ;)