09 August 2015

Erste Woche Glück in England

Die englischen Camps sind stressig. Entweder gibt es keinen Strom, kein WiFi, oder es gibt beides nicht. Dafür sind die Preise wie bei Oxford in der Diamond Farm mit 62 Euro gesalzen. Da der Preis für Diesel 1,70 Euro/Liter beträgt, bislang das preiswerteste Camp ohne Dusche und ohne Strom auch noch 24 Euro gekostet hat, ist England teuer.


Zwei Flaschen belgischen Bieres zusammen 1,5 Liter kosten 7,50 Euro. Ein spanischer Rotwein schlägt mit 10,50 Euro zu Buche. Selbst ein Jogurth kostet noch 90 Cents. Der Besuch von Sehenswürdigkeiten wie Stonehenge oder des Blenheim-Palastes kostet zwischen 30 und 35 Euro. Wenn aber die Sonne sich durchsetzt, ist England sein Geld wert - sonst auch. Für die hohen Preise erhält man so vorzügliche Einrichtungen wie eine Hundedusche auf dem Camp in West-Wittering.


West-Wittering ist warm genug, dass diese Art buschiger Palmen an der Küste wachen.


Die Fachwerkhäuser am Strand von West-Wittering haben senkrechte Balken. Nur den Giebel stützen zwei Balken die in 45 Grad abgehen.



Die untergehende Abendsonne beleuchtet Büsche von Hortensien, die in dieser Größe selten zu sehen sind.



Die Sonne im Süden Englands werden wir vermutlich nicht so oft sehen. Auch alte Autos, wie diesen Morris, sieht man nicht mehr häufig.


Der Strand von West Wittering lockt zwar zum Bad. Doch mein Körper schafft es nicht, Wind und Kälte zu überwinden. Die Menschen schwimmen in Gummianzügen.


Meine Frau wäscht im Camp von West Wittering und schafft es sogar, vor dem ersten Regenschauer am Nachmittag die Wäsche halbwegs getrocknet in den Wagen zu bringen.



Stonehenge bietet das übliche Touristenprogramm.


Mima zeigt uns Stonehenge, das wir mit unseren Rädern anfahren. Stonehenge bringt durch die Eintrittsgelder Devisen, aber die Autos der meisten Besuchen haben englischen Kennzeichen.


So muss man sich die Hütten der Menschen vor einigen Tausenden Jahren vorstellen.


Vielleicht ist diese kleine Hütte als Stall gedacht.


Um diesen Stein zu ziehen, braucht es - laut Schautafel - 100 Männer.



Bei Marlborough genießen wir ein Camp im Wald. Graue Eichhörnchen strömern herum. Die meisten Touristen kommen in Zelten oder Wohnwagen.


Es gibt noch zahlreiche Häuser mit Strohdächern.



Die Häuser sind so klein, dass der Doppeldeckerbus bis zur Dachkante reicht.


Die beiden Kirchen in Marlborough sind Jahrhunderte alt.



Wenn schon mal die Sonne die Schilder so schön ausleuchtet, muss man ein Foto machen.


"The Bear at Marlborough" - das beste Hotel am Platz.


Die Steinkreise von Avebury sind noch älter als die von Stonehenge, entstanden zwischen 2500 und 2600 vor Christi Geburt.


Die Steinklötze sind unverrückbar - für uns jedenfalls.


Die Kirche von Avery liegt um 9.15 Uhr noch in einem düsteren Dunkel. Doch viel heller wird der Tag nicht.


"Silbury Hill": Auch dieser Hügel wurde in der Steinzeit von Menschenhand geschaffen. Grund und Sinn des Bauwerks ist bislang unerklärlich.


Der Geburtsort von Churchill - ein Schloß gewaltigen Ausmasses.


Woodstock mit der Country Police Station


Eines der Museen in Woodstock wirbt mit diesem Geschütz an der Eingangstür.


"Treasure from Trash": Eine Schüssel aus einer Schallplatte, aus Blech gefertigte kleine Kunstwerke - Gebrauchs- und Kunst aus Wertstoff


Die Häuser in Woodstock sind mehrheitlich aus diesen gelb schimmernden Steinen erbaut.

http://www.telegraph.co.uk/news/uknews/immigration/11785101/Calais-migrants-British-anarchists-infiltrate-camps-to-provoke-trouble-police-warn.html


In die ländliche Idylle tröpfeln wenige Nachrichten über das miese Netz des 63 Euro/Nacht teuren Diamond-Camps. Es gibt zu wenig WiFi-Online-Zeit, um sich länger über Bewegungen wie "No-Border-Antifa" auszulassen. Nur eine Meinung noch:


Dafür sind wir nach dem 63-Euro-Camp anderntags frisch geduscht und gut erholt zu frühen Stunde am Blenheim-Palast.



Für den Blenheim-Palast, das Geburtshaus von Churchill, nehmen wir uns stundenlang Zeit.


Das großzügig dimensionierte Eingangsportal verschafft dem Besucher das erhebende Gefühl, einen Fuß in das bescheidene Anwesen der wirklich noblen Gesellschaft zu setzen.


Der bebaute Raum lässt ausreichend Platz für Anwohner, Besucher und den Fuhrpark im Hof.

Wer durch die Säulenreihe vor der Haustür tritt, erhebt unwillkürlich den Blick nach oben.



Geschmackvoll gestaltete Äuglein blinzeln versonnen auf jeden hinab, welcher sein Fuß über die Schwelle des Anwesen hebt.


Das Sitzmöbel würde am Meer wie ein Strandkorb vor Wind schützen, im Palast mag es vor meuchelnden Verwandten schützen.


Angesichts der gigantischen Halle sinniert der Betrachter über Sprüche wie "Platz ist in der kleinsten Hütte."


Farblich abgesetzte Gemächer erleichtern die Orientierung. Dies ist - wie leicht zu erraten - der "Rote Salon".


Die Wirkung dieses Raums lässt einige Besucher beim ersten Eintritt lustvoll stöhnen.


Andächtigt studiert der in Ehren ergraute Gentleman die Fotografien der wie Volkshelden verehrten Bilder der Honoratioren.


Meine Mima betrachtet als Gärtnerin eher interessiert die Liegenschaften und Wasserspiele vor dem Gebäude als die repräsentative Bibliothek mit Werken aus vergangenen Jahrhunderten. Im Hintergrund erhebt sich die größte Orgel, welche in einem Privathaus in Europa verbaut wurde. Wer heute leicht mit einer überdimensionalen Bildwand Eindruck machen kann, musste in früheren Zeiten eine Orgel vorweisen können. Allerdings scheinen die Schloßherren den Unterhalt des Anwesens nicht mehr so leicht zu stemmen. Jedenfalls erbittet ein Schild eine nicht unerhebliche Summe von einer Dreiviertelmillion Euro, um das gute Stück wieder bespielen zu können.


Um sich von der Alltagskleidung weniger gut Betuchter abzusetzen, verfügt der Schloßherr über ein repräsentables Festtagsgewand.


Obgleich man den Bewohnern und ihren Gäste gerne Orgelklänge gönnt, spenden wohl die wenigsten Touristen für den Kunstgenuß dieser noblen Gesellschaft.


Natürlich darf in dem Gebäude eine kleine Kapelle nicht fehlen, damit auch ein Priester der Gemeinde seinen geistigen Beistand spendet. Sollte die Predigt gelegentlich langweilen, lässt der Fromme seine Blicke über die Figuren schweifen.

Während der Hof vor dem Gebäude sich als Parkplatz oder auch Aufmarschgelände eignet, zeigen die Fenster der Räumlichkeiten auf diesen geschmackvollen Hintergarten.


Von diesem fröhlich plätschernden Brunnen in dem Hintergarten ergeht sich der Wanderer in einem geruhsamen Spaziergang über ein Gelände, was den Münchener als "Englischer Garten" bekannt und vertraut ist.


Die Großzügigkeit der Schloßverwaltung berechtigt unsere einmal gelöste Eintrittskarte sogar dazu, Gebäude wie Garten ein Jahr lang immer wieder zu besuchen.


Das vom Nimbus des Nationalheldes wie eines Nationalheiligern durchdrungene Gebäude und Gelände des verehrten Kriegsheldes Churchill verdient mehr als nur einen Besuch.


Nachdem wir in andächtiger Demut mit gebotener Ehrfurcht und Ausdauer dem weitläufigen Gelände unsere dankbare Aufmerksamkeit geschenkt haben, geht es nach einem notwendigen Mittagsschlaf wieder weiter. Wir rollen 45 Meilen weit über sechsspurig ausgebaute Autobahnen in Richtung Birmingham, ohne dass uns ein Kreisverkehr oder eine Ampelanlage aufhält.


Unser Ziel ist das 88 Meilen entfernte vier oder fünf Sterne-Camp "Stanmore Hall Touring Park". Eine gestrengen Paar an der Rezeption gewährt uns für eine Nacht und einen bescheidenen Beitrag von 40 Euro Obdach für eine Nacht, nachdem die Prüfung unserer Gesichter positiv beschieden ward. Nach erstem Eindruck liegt dieser formidable Platz mitten im Nirgendwo, ohne Laden, Restaurant oder Geschäft. Die vor unserer Aufbautür bettelnden Enten würden wir nicht zum Verzehr fangen, schlachten und rupfen wollen. Doch zum Glück haben wir in Woodstock unsere Vorräte soweit aufgefüllt, dass wir weder hungern noch frieren.


Anderntags zieht es uns morgens in das überaus alte Städtchen Bridgnorth. Bei der Einfahrt in den Parkplatz knattern niedrige Baumäste gegen das Dach. Man muss höllisch aufpassen. Bridgenorth belohnt uns mit einer wunderbaren alt-englischen Atmosphere.


Unter den Balustraden dieses Gebäudes schützen sich Markthändler gegen die Unbillen der Witterung. Wir wundern uns jeden Tag, den wir ohne Regen feiern dürfen.























Die kleinen Häuschen an der verkehrsberuhigten Straße strahlen kuschelige Gemütlichkeit aus.

Bridgenorth4.jpg

Die alte Kunst der Fachwerkbauten zeigt sich am Marktplatz von Bridgenorth.



Beim Gang um die verschlossene Kirche aus rotem Sandstein begeistert uns am meisten dieses feudale Anwesen.


Wenige Meilen weiter gelangen wir an das Industriedenkmal Ironbridge, laut Info-Center "wichtiger als die Pyramiden". Das Bauwerk aus dem Jahr 1790 ist die erste Brücke aus Metall. Damit begann die Industrialisierung. Die Brückenglieder sind noch wie Holzbalken verfugt. Die Schrauben haben quadratische Köpfe und Muttern.


Die Sonne beleuchtet das ehrwürdige Bauwerk.


Das Zollhaus verlangte für eine sechsspännige Kutsche die höchsten Gebühren. Ein Schwein, Lamm oder Kalb kamen billiger auf die andere Seite.


Bei unserem Spaziergang über die Hügel des Museum-Dorfes Ironbridge fühlen wir uns wie in ein anderes Jahrhundert versetzt.


Natürlich darf das Denkmal der Weltkriegshelden auch in Ironbridge nicht fehlen. Die gefühlten Dutzend Museen in Ironbridge sparen wir uns, um die nächsten 18 Meilen nach Shrewsbury abzuspulen. Die Englänger lassen die Hecken an ihren Straßen von den Außenspiegeln der vorbei fahrenden Fahrzeuge pflegen und begrenzen. Das Camp in Shrewsbury weist uns ab, erlaubt uns aber vor der Tür zum gleichen Preis zu campieren wie im Innern. Dafür erhalten wir Strom und einen Schlüssel für die Sanitäranlagen. Dafür zahlen wir einen bescheidenen Unkostenbeitrag von 40 Euro. Die erste Woche in England haben wir glücklich hinter uns gebracht. Wir haben uns halbwegs an den Linksverkehr gewöhnt. Shrewsbury erforschen wir vom Camp aus mit unseren Fahrrädern.


Meine Begeisterung für Fachwerkhäuser weckt dieses Gebäude. Nur der Billigshop im Erdgeschoß stört das romantische Bild.


Das Rathaus in Shrewsbury lässt unter den Arkaden wieder einen geschützten Raum für Händler wie ein ähnliches Bauwerk in Bridgenorth.


Ein weiteres dieser wundervollen Fachwerkhäuser in der Fußgängerzone von Shrewsbury.


Die Verantwortlichen verhindern mit drastischen Strafen von 500 Pfund, etwa 750 Euro, dass sich die Menschen in der Innenstadt oder in den Parks am Fluß Alkohol konsumieren.


Zwei Kirchen auf engstem Raum in Shrewsbury machen einander Konkurrenz.


Nur 30 Jahre nach Bau der Ironbridge entstand in Shrewsbury 1822 diese Hängebrücke. Die Technologie hat sich schon erstaunlich verbessert. Die Schrauben, welche die Stahlseile verankern, haben nun sechskantige Köpfe und Muttern.


Ein Kirchlein haben wir schon öfter auf unserem Weg gesehen. Aber Sonnenschein, welcher unseren Heimweg kurz vergoldet, ist ein ganz seltenes Glück.


Zwei deutsche Autos müssen außerhalb des Camps stehen - zum gleichen Preis wie die anderen innerhalb des Geländes. Doch wir dürfen uns an die Stromsäule anschließen und erhalten auch den Schlüssel für das Sanitärgebäude. Angeblich sei der Platz vollständig ausgebucht. Doch das stimmt nicht, wie unsere Besichtigung uns bewies. Es waren genug Plätze noch frei.


Innerhalb des Geländes mit den vier oder fünf Sternen herrscht die feierliche Kirchenruhe englischer Beschaulichkeit. Die Sonne geht strahlend auf. Mima meint, dass sie Lust hat zu schwimmen. Also entscheiden wir uns für eine kleine Straße ans Meer in Wales.


Auf dem Weg über Berg und Tal durch blühende Gartenlandschaften rasten wir erstmals an einem Bahnhof. Dort begeistert uns ein Bahn, die schnaufend und dampfend erstaunlich schnell bewegt.


Die Lokomotive mit Dieselmotor verrät uns auf dem Typenschild ihr Baujahr: 1940. Die Dampflok hat einige Jahrzehnte mehr auf dem Kessel.


Auf dem Parkplatz am Bahnhof steht dieses Sportwagen. Beim Blick auf die Armaturen fällt uns auf, dass das Steuerrad abgebaut war. Wer den Wagen stiehlt, muss dann wohl mit einer Wasserrohrzange lenken.


Bei der Auswahl der Anhänger waren die Betreiber der Schmalspurbahn nicht wählerisch. Wir sehen Anhänger mit dem Schild "Zillertalbahn", andere tragen die Kennung einer ungarischen Bahn.


Die 68 Meilen ans Meer lassen sich auf den engen, kurvigen Straßen doch nicht so schnell abspulen. Zudem geht es über eine Höhe von 1000 Yards - oder wie die Bezeichnung immer heißt. Mein Navi ist auf Meilen eingestellt, was sich auch auf die Höhenangaben auswirkt. Der Ort, wo wir Mittag machen, nennt sich "Machynlleth". Diese Name sind für mich nicht mehr zu speichern. Aber eine Rechnung vom Kaufmann, wo wir uns mit Guiness original versorgten, liegt vor mit diesem unaussprechlichen Wort "Machynlleth". Diese Sprache in Wales verwundert uns überaus. Ein Radiosprecher unterhält uns mit diesen Lauten, die sich für uns sehr, sehr fremd anhören.


Das Camp, welches wir nach Koordinaten angefahren haben, weist uns wegen Überfüllung ab. Gleich gegenüber dürfen wir noch näher am Meer campieren, gleich hinter einem Deich aus Steinen. Der Platzwart kassiert fünf Pfund, etwa 7,50 Euro. Das erste Mal stehen wir frei, nachdem uns der Platzwart zwei Regeln aufgesagt hat: "Erstes ihr habt eine Toilette im Wagen. Zweitens ihr hinterlasst keine Schweinerei." Damit steht unserem Meerbad nichts mehr im Wege. Das Wasser ist herrlich. Das Bad tut uns gut.


Der Ort hat den unaussprechlichen Namen "Ynyslas".


Wir radeln die Küste zuerst Richtung Westen, bis wir an einen Fjord kommen. Die zweisprachigen Schilder verraten, was "Thanks for visiting Ynyslas" in der Sprache der Eingeborenen heisst: "Diolch am ymweld ag Ynysals". Der junge Mann in der Touristeninfo versteht diese Sprache auch nicht, aber die meisten Menschen hier sollen auch Englisch sprechen. So kann man sich verständigen.


Der Blick von den Dünen über den Fjord auf die gegenüberliegende Stadt begeistert uns. Der Blick schweift über das weite Hügelland, grün und fett. Die Schafe liegen wie weiße Tupfer in den fetten, grünen Weiden.


Dann radeln wir, nachdem wir uns aus dem Auto mit einer Brotzeit versorgt haben, Richtung Osten. Dort liegt das Küstenstädtchen Borth. Die Sonne hat uns fast den ganzen Tag nicht im Stich gelassen. Am Abend bescheint sie die Hortensien und lässt die bunten Häuser leuchten.


Der Blick von den Klippen in Borth über die Bucht berauscht uns in der Abendsonne.


Der schmale Steig über die Klippen ist nicht gesichert. Man muss schon selbst darauf achten, dass man nicht über die Felsen stürzt.


Die Sonne wirft schon lange Schatten auf dem höchsten Punkt in Borth.


Wir fallen nach einem erlebnisreichen, eindrucksvollen Reise- und Badetag und dem Genuss eines Guiness müde in unsere schmale Bettstatt von 135 mal 180 Zentimetern. Doch wir haben uns gut an das Leben in unserem Schneckenhaus gewöhnt. Besonders dankbar sind wir, dass uns keine ausgiebigen Regenschauer heimsuchen. Wir sind mit viel Sonneschein und einer Temperatur zwischen 12 Grad nachts und 19 Grad am Tag sehr glücklich.



P.S.: Das ist die Roh-Version in einem lärmenden WiFi-Cafe von Borth als vorbereitete Arbeit auf die Schnelle ins Netz geladen. Weitere Gedanken zu fassen und zu formulieren, ist in diesem Trubel nicht machbar. Auch verzichtet der Autor darauf, Korrektur zu lesen, um schneller der unwirtlichen Kaffeehaus-Atmosphäre zu entfliehen. Denn meine Gedanken- und Geisteswelt braucht Ruhe und Einsamkeit.



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